Das Parlament der Katholischen Landeskirche Thurgau will einige neue Grundsätze in der zukünftigen Landeskirchenverfassung verankern: klare Gleichstellung von Mann und Frau, Verpflichtung zu Nachhaltigkeit und das Öffentlichkeitsprinzip.
Die Katholische Synode beriet an einer Sondersitzung im Pentorama in Amriswil über die Totalrevision des Kirchenorganisationsgesetzes aus dem Jahr 1968. Pater Gregor Brazerol, der Prior des Klosters Fischingen, hatte als Präsident der vorberatenden Kommission die Entwürfe für eine neue Landeskirchenverfassung und zwei davon abhängige Gesetze zu vertreten. Das Eintreten auf die Entwürfe war unbestritten: Die Vorarbeiten für das grosse Projekt laufen seit sieben Jahren; vor drei Jahren wurde bereits eine Vernehmlassung durchgeführt. Von den zahlreichen Neuerungen gaben am ersten Sitzungstag vor allem die «Grundsätze» zu reden.
Gleichberechtigung
Im Bewusstsein, dass die Gleichstellung von Mann und Frau in der katholischen Kirche von oberster Stelle blockiert ist, wollten der Kirchenrat und die Spezialkommission eine defensive Formulierung: Die Landeskirche und die Kirchgemeinden fördern nach ihren Möglichkeiten die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter. Die Einschränkung auf das, was aktuell möglich ist, passte einer Mehrheit der Synodalinnen und Synodalen nicht. Sie strichen die einschränkende Klausel.
Silvia Carlen (Eschlikon) und Rainer Naeff (Diessenhofen) gingen mit ihren Anträgen noch weiter und forderten ein aktives Engagement der Landeskirche für «die gleichberechtigte Zulassung zum Priesteramt, unabhängig von Zivilstand und Geschlecht». Pfr. Daniel Bachmann (Ettenhausen), selber Priester, unterstützte zwar das Reformanliegen, erachtet es aber als unpassend, diese Forderung in einer Verfassung zu verankern. Gaby Zimmermann (Kesswil) erinnerte daran, dass die Kirchgemeinden die Gleichstellung zwar in rechtlicher Hinsicht verwirklicht hätten, aber zur tatsächlichen Gleichstellung immer noch viel leisten dürften. Die Synode lehnte die Anträge Carlen und Naeff ab.
Nachhaltigkeit
Deutlich unterstützte die Synode die Aufnahme einer konkret formulierten Verpflichtung zu nachhaltigem Handeln. Umstritten war dabei, ob diese Pflicht in der Verfassung nicht kürzer und allgemeiner formuliert sein müsste.
Öffentlichkeitsprinzip
Die Synode hat der kantonalen Politik folgend den Öffentlichkeitsgrundsatz in die Verfassung übernommen. Zu reden gab das Recht auf Akteneinsicht: Alfred Amman (Bischofszell) unterstützte die kritische Haltung des Kirchenrats: das juristisch heikle Abwägen zwischen Persönlichkeitsschutz und Anspruch auf Öffentlichkeit könnte die Kirchgemeindebehörden überfordern. Synodenpräsident Dominik Diezi (Arbon) überliess die Leitung der Synode bei diesem Thema seinem Vize, um sich persönlich für die Transparenzpflicht einzusetzen. Die Synode folgte ihm und lehnte eine Streichung des Rechts auf Akteneinsicht ab.
18.09.2020 / Urs Brosi
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