Drei Formen der Zusammenarbeit von Kirchgemeinden

Wenn zwei oder mehr Kirchgemeinden Aufgaben gemeinsam erfüllen wollen oder müssen (z. B. zur Unterstützung eines Pastoralraums), so müssen sie eine Zusammenarbeit vereinbaren. Dazu bestehen zwei Möglichkeiten:

  1. Abschluss eines Zusammenarbeitsvertrags gemäss § 41 Abs. 2 Ziff. 7 LKV: Der Vertrag wird vom Kirchgemeinderat abgeschlossen und vom Kirchenrat genehmigt.
  2. Bildung eines Kirchgemeindeverbands gemäss § 42 LKV: Der Verband besitzt eigene Rechtspersönlichkeit, braucht Statuten, die die Verbandsorgane und deren Kompetenzen definieren. Der Beitritt zu einem Verband bedarf eines Vertrags, der der Abstimmung innerhalb der Kirchgemeinde unterliegt. Der Vertrag zur Bildung des Verbands und die Statuten unterliegen der Genehmigung durch den Kirchenrat (§ 38 Abs. 3 LKV).

Eine 3. Möglichkeit stellt die Fusion dar. Mit der Vereinigung der Kirchgemeinden wird eine einzige gemeinsame Körperschaft gebildet. Die Fusion setzt eine Vereinigungsvertrag voraus, der alle relevanten Punkte regelt. Die Stimmberechtigten stimmen über diesen Vertrag ab. Die Fusion kommt nur zustande, wenn alle beteiligten Kirchgemeinden zustimmen.

Generell gilt: Die vereinbarten Regelungen sollten möglichst klar und eindeutig sein, so dass sie von allen Vertragsparteien im gleichen Sinne verstanden werden, und zugleich sollten sie kurz und einfach sein, damit der Vertrag lesbar und verständlich ist und eine Wirkung entfalten kann.

Die abgeschlossenen Verträge unterliegen der Genehmigung des Kirchenrats. Dieser prüft, ob das Vereinbarte den rechtlichen Rahmen einhält und dem allgemeinen Interesse nach einer konstruktiven Zusammenarbeit in der Kirche entspricht.

1. Zusammenarbeitsvertrag

Die Kirchgemeinden regeln ihre Zusammenarbeit in Form eines öffentlich-rechtlichen Vertrags. Dabei sind die Vorschriften über die einfache Gesellschaft gemäss Art. 530 ff. Obligationenrecht (OR) sinngemäss anwendbar.

Im Vertrag werden die Zusammenarbeit, der Personalaustausch, die Leistung von finanziellen Beiträgen u.a.m. geregelt. Die Kirchgemeinden behalten bei dieser Rechtsform jedoch ihre Autonomie. Deshalb muss formal gesehen jeder einzelne Kirchgemeinderat jeden gemeinsamen Beschluss selber beschliessen. Deshalb muss jede Kirchgemeindeversammlung das Budget betreffend die Zusammenarbeit beschliessen. Der Zusammenarbeitsvertrag ist also einfach abzuschliessen, die Anwendung kann aber aufwändig sein, da er Koordinationsbereitschaft erfordert.

Ein Zusammenarbeitsvertrag beantwortet mindestens folgende Fragen:

  • Welche Kirchgemeinden sind ab welchem Zeitpunkt an der Zusammenarbeit beteiligt?
  • Welche Aufgaben werden gemeinsam wahrgenommen?
  • Wie werden kirchgemeindeübergreifende Beschlüsse herbeigeführt?
  • Welche personellen Ressourcen oder Infrastrukturen werden von einzelnen Kirchgemeinden zur Verfügung gestellt?
  • Wie werden die gemeinsamen Aufgaben finanziert? Rechnungsführung, Rechnungsrevision, Berichterstattung, Kostenverteilschlüssel
  • Unter Einhaltung welcher Fristen kann die Vereinbarung gekündigt werden?

Die Kirchgemeinderäte sind im Rahmen des geltenden Rechts frei, wie sie den Vertrag gestalten wollen.

Als Hilfestellung finden Sie hier ein Modell eines Zusammenarbeitsvertrags.

Modell Zusammenarbeitsvertrag als PDF

Modell Zusammenarbeitsvertrag als Word-Datei

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Quelle: Sabine-Susann Singler / pixelio.de

 

2. Kirchgemeindeverband

Der Kirchgemeindeverband ist eine aus mehreren Kirchgemeinden bestehende Körperschaft des kantonalen öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit. Mitglieder sind die beigetretenen Kirchgemeinden. Er verfügt über eigene Leitungsorgane und eine eigene Rechnung. Finanziell wird er durch die beteiligten Kirchgemeinden getragen.

Der Verband bzw. seine Organe handeln im Rahmen der übertragenen Aufgaben selbständig. Die einzelnen Kirchgemeinden treten somit jene Kompetenzen an den Verband ab, die für die in den Statuten umschriebenen Aufgaben nötig sind, und verzichten damit im abgetretenen Aufgabenbereich auf ihre Autonomie. Der Kirchgemeindeverband tritt im Umfang seiner Aufgaben an die Stelle der angeschlossenen Kirchgemeinden.

Im kantonalen Recht handelt es sich um sog. "Zweckverbände": Sie werden zur gemeinsamen Erfüllung eines einzelnen Zwecks/Aufgabenbereichs gegründet. Im kirchlichen Bereich reden wir von Kirchgemeindeverbänden, da oftmals eine Vielzahl von kirchgemeindlichen Aufgaben auf die höhere Ebene übertragen werden. Rechtliche Grundlage für die Kirchgemeindeverbände bietet § 61 Abs. 1 der Kantonsverfassung: "Gemeinden und andere Körperschaften des öffentlichen Rechtes können zur Erfüllung bestimmter Aufgaben Zweckverbände bilden." 

Die Errichtung eines Kirchgemeindeverbandes ist aufwändiger als der Abschluss eines Zusammenarbeitsvertrags. Dafür ist der Verband einfacher handlungsfähig.

Sinnvoll ist die Gründung eines Verbands, wenn

1. eine Vielzahl von Aufgaben gemeinsam wahrgenommen und einige Mitarbeitende gemeinsam angestellt werden sollen,

2. eine Vielzahl von Kirchgemeinden beteiligt ist, deren Koordination aufwändig wäre.

Ein Vertrag regelt, welche Kirchgemeinden auf welchen Zeitpunkt hin miteinander einen Verband gründen und wie dieser Verband heissen soll. Auch das Vertragskündigungsrecht ist zu regeln. Mit dem Vertrag treten die Kirchgemeinden einen Teil ihrer Zuständigkeiten und Verantwortungen an den Verband ab.

Die Statuten des Verbands beinhalten 

  • Name, Sitz, Zweck und Aufgaben des Verbandes
  • Organisation (Organe, deren Zusammensetzung und Kompetenzen): bislang i.d.R. Delegiertenversammlung und Vorstand
  • Vertretung der Leitung Pfarreien und der Leitung des Pastoralraumes im Verbandsvorstand
  • Anstellungsverfahren für das Personal
  • Beschaffung der finanziellen Mittel
  • Betrag, ab dem eine neue Ausgabe der fakultativen Volksabstimmung untersteht
  • Geschäftsberichterstattung und Information der Öffentlichkeit
  • Haftung für Verbindlichkeiten des Verbandes
  • Zuständigkeit und Verfahren bei Statutenänderungen, bei Bei- und Austritt von Kirchgemeinden sowie bei der Auflösung des Verbandes.

Der Vertrag und die Statuten müssen jeweils von jeder der Kirchgemeindeversammlungen angenommen werden und bedürfen der Genehmigung durch den Kirchenrat. Es wird empfohlen, Vertrag und Statuten dem Kirchenrat vor der Beschlussfassung zur Vorprüfung vorzulegen.

 

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Quelle: W. R. Wagner / pixelio.de

 

3. Kirchgemeindefusion

Die Fusion ist die Vereinigung von zwei oder mehreren Kirchgemeinden. Es gibt zwei Formen von Fusionen:

Fusion durch Aufnahme (Absorption) (A + B + C = A’)

Eine Kirchgemeinde bleibt rechtlich bestehen und wird um das Gebiet von einer oder mehreren Kirchgemeinden erweitert. Die Grundstücke und andere Werte der absorbierten Kirchgemeinden werden auf die absorbierende Kirchgemeinde überschrieben. Die Behörden der absorbierenden Kirchgemeinde bleiben im Amt (ggf. vergrösserte Kirchenvorsteherschaft).

 

Fusion durch Neugründung (Kombination) (A + B + C = N)

Alle Kirchgemeinden geben ihre bisherige Existenz auf und gründen miteinander eine neue Kirchgemeinde; diese erhält einen (neuen) Namen. Die Grundstücke aller Kirchgemeinden müssen überschrieben werden. Es ist eine neue Rechnung zu eröffnen und ein neuer Archivbestand zu bilden. Alle wichtigen Anschlussverträge sind neu abzuschliessen. Die Behörden sind auf den Zeitpunkt der Fusion neu zu wählen.

 

Die Art der Fusion (Absorption oder Kombination), das Fusionsverfahren und die Nebenfolgen der Fusion werden in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag geregelt. Dieser Vertrag bedarf der Beschlussfassung durch die betroffenen Kirchgemeinden (Versammlung oder Urne). Nur wenn alle Kirchgemeinden dem Vertrag zustimmen und wenn der Kirchenrat nach Rücksprache mit dem Bischof die Fusion genehmigt, wird der Vertrag wirksam.

Die Fusion wirkt sich - anders als der Zusammenarbeitsvertrag und der Kirchgemeindeverband - auf den Finanzausgleich der Landeskirche aus. Durch die Teilrevision des Finanzausgleichs von 2015 wurde die "Heiratsstrafe" gemindert, teilweise aufgehoben oder sogar in einen "Heiratsbonus" umgewandelt.

Die fusionierten Kirchgemeinden, auch jene, die nicht im Finanzausgleich sind, dürfen dem Kirchenrat ein Gesuch um finanzielle Unterstützung an die fusionsbedingten Mehrkosten stellen (Projektkosten und Einbusse aufgrund der Steuerfussdisparität vor der Fusion).

Als Hilfestellung finden Sie hier ein Modell eines Fusionsvertrags.

Modell Fusionsvertrag als PDF

Modell Fusionsvertrag als Word-Datei

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Quelle: W. R. Wagner / pixelio.de

 

Auskunft bei:

Michaela Berger-Bühler

Michaela Berger-Bühler

Generalsekretärin
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michaela.berger@kath-tg.ch

Hermann Herburger

Hermann Herburger

Stellvertretender Generalsekretär
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