Die Thurgauer Pastoralkonferenz im November 2019 widmete sich in Weinfelden dem aktuellen Thema Konzernverantwortungsinitiative KOVI. Ökonom und Journalist Markus Mugglin beleuchtete in einem Referat die Hintergründe und ob Kampagnen etwas bewirken können.

Aufmerksamen Radiohörerinnen und Radiohörern kam die Stimme sofort bekannt vor. Kein Wunder, denn Markus Mugglin leitete bis 2012 die Politiksendung «Echo der Zeit» bei Radio SRF. Vorher war er auch Korrespondent für UNO- und globale Wirtschaftsfragen sowie EU-Korrespondent in Brüssel. Seit der Pensionierung arbeitet er als selbstständiger Journalist und Ökonom für verschiedene Medien und hat 2016 das Buch «Konzerne unter Beobachtung. Was NGO-Kampagnen bewirken können» veröffentlicht. Deshalb ist Mugglin ein Experte, wenn es um die Frage nach Menschenrechtsverletzungen bei Unternehmungen geht, die ebenfalls von der KOVI angeprangert werden. Wie weit Wahrnehmung und Realität auseinanderklaffen, zeigte Mugglin zu Beginn auf:«Swissholding, der Verband der multinationalen Unternehmen in der Schweiz, ist der Meinung, dass 80 Prozent der Schweizer Unternehmungen über eine konsistente Menschenrechtspolitik gemäss UNO-Vorgaben verfügen.» KOVI dagegen geht davon aus, dass weniger als die Hälfte der grossen Unternehmen laufend die menschenrechtlichen Auswirkungen ihrer Aktivitäten ermittelt. Nach Mugglins Nachforschungen geht die Tendenz eher in Richtung KOVI, da nur wenige Unternehmungen menschenrechtliche Risiken einschätzen und nur eine Minderheit die Umsetzung der Massnahmen prüft, sowie Beschwerdemöglichkeiten schafft.

Verpflichtende Regeln nötig

Anschliessend präsentierte Mugglin neue Fälle im 2019, die Schlagzeilen machten. Glencore fällt dabei mehrmals negativ auf. «Diese Fälle bieten Stoff zu ernsthaften Diskussionen, die unbedingt geführt werden sollten», so Mugglin. Doch es gibt auch Lösungen, wie etwa die OECD-Richtlinien für den verantwortungsvollen Umgang, die erstmals 1976 aufgestellt und 2011 angepasst wurden und die rund 30 Staaten befolgen. Seit dem Jahr 2000 gibt es den UN-Global Impact, initiiert vom ehemaligen UNO-Generalsekretär Kofi Annan, der Verpflichtungen zu Menschenrechten, sozialen Arbeitsrechten und Umweltstandards beinhaltet. Leider war das Engagement in den ersten 15 Jahren mit 53 Mitgliedern sehr gering. Seit der Lancierung der KOVI im 2016 hat sich die Mitgliederzahl verdoppelt, neu sind auch Rohstoffhändler und Goldraffinerien dabei. Kampagnen wirken laut Mugglin dann nachhaltig, wenn Unternehmen unter Druck geraten und um ihre Reputation fürchten. «Reputation ist ein kostbares Gut. Jeder Schaden wirkt sich für das Unternehmen kommerziell aus», sagte Mugglin. Doch reicht der Faktor Reputation zur Respektierung der Menschenrechte aus oder braucht es politischen Druck? Mugglin ist sich sicher, dass Freiwilligkeit allein nicht genügt. Es brauche verpflichtende Regeln, Appelle und Empfehlungen des Bunderates reichten nicht aus.

Pastoralkonferenz unterstützt KOVI

Bei den Wortmeldungen plädierte Gaby Zimmermann aus Romanshorn dafür, dass die Kirche die KOVI unterstützen müsse und die Bischofskonferenz wie der evangelische Kirchenbund mit gutem Beispiel voran geht. Bischofsvikar Hanspeter Wasmer wollte wissen, ob grosse Firmen die Schweiz verlassen könnten. Mugglin antwortete, dass die Schweiz mit ihren Forderungen nicht alleine dasteht, sondern im internationalen Trend liegt und deshalb global kompatibel sein sollte.

In Gruppen diskutierten die rund 50 Anwesenden Fragen, wie etwa ob Seelsorger zu Fragen der Ethik öffentlich Stellung beziehen sollen. Der Grundtenor lautete, dass die pastoral Tätigen sich durchaus zu ethischen Themen, wie der Initiative, öffentlich äussern sollen. Christoph Baumgartner aus Bischofszell sieht die pastoral Tätigen als Multiplikatoren, die solche Themen breit an die Basis herantragen können. Auch in Predigten könnte auf die KOVI aufmerksam gemacht werden. Denn langsam drängt gemäss Markus Mugglin die Zeit: Im Dezember wird der Ständerat darüber befinden, ob ein substanzieller Gegenvorschlag zur Initiative erstellt werden soll. Wird der Gegenvorschlag genehmigt, wird wohl im nächsten Herbst darüber abgestimmt. Gaby Zimmermann nutzte deshalb die Gelegenheit zu einem Antrag, dass die Thurgauer Pastoralkonferenz die KOVI öffentlich unterstützt. Der Antrag wurde mit grosser Mehrheit angenommen.

forumKirche / Claudia Koch (3.12.19) 

Am Montag, 9. November 2020 um 19.30 Uhr findet in Weinfelden ein Abend zur Konzernverantwortungsinitiative mit dem Film „Der Konzernreport“. Anschliessend Fragen und Disskussion.

Hier die Informationen dazu.

Hintergründe der Konzernverantwortungsinitiative.
Quelle: Claudia Koch
Ökonom und Journalist Markus Mugglin beleuchtete die Hintergründe der Konzernverantwortungsinitiative.

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